Die Wasserzeichen werden allgemein in natürliche und künstliche Wasserzeichen unterteilt. Im Gegensatz zu den natürlichen Wasserzeichen, die schon während der Papierherstellung entstehen, werden künstliche Wasserzeichen nachträglich aufgebracht. „Dies kann durch Pressung, Fettdruck, Satinage oder Aufdruck erfolgen, wodurch ein Wasserzeichen bloß vorgetäuscht wird“ (7, S. 109).

Aufgrund der Tatsache, dass die Höchster Postfälschung mit Hilfe eines einfachen Umdruckverfahrens hergestellt wird, werden in der Reichsdruckerei die Bemühungen verstärkt, gegen derartige Versuche ein neues Sicherungsverfahren zu entwickeln. „Die zur Erreichung dieses Zieles von dem Ober-Betriebsinspektor Hermsen abgegebenen Vorschläge, welche darauf abzielen: den Postfreimarken einen sichtbaren oder unsichtbaren (weißen) Unterdruck in Fettfarbe zu geben, welcher bei einem etwaigien Ueberdruckversuch mitübertragen werden und das Markenbild größtenteils verdecken würde (…) - werden zur Zeit in der Reichsdruckerei einer eingehenden Prüfung durch Anstellung von Versuchen unterzogen.“ (RD 14.7.1891)

Diese Versuche bzw. deren Vorbereitung ziehen sich über einen längeren Zeitraum hin. Während anfänglich wohl nur der sichtbare Unterdruck erprobt wird (vgl. S. 221), kommt später eine Harzlösung zum Einsatz. Unter dem 25.8.1893 wird erneut berichtet: „Durch fortgesetzte Versuche ist es nun gelungen, eine billige und einfache, durchaus sichere Methode zur Erzielung derselben Wirkung (des Unterdrucks - Anmerk. d. Verf.) zu finden. Wird nämlich das Papier vor dem Druck auf geeignete Weise mit einer Harzlösung imprägniert, so macht sich die Imprägnierung äußerlich nicht erkennbar, sie wirkt aber in derselben Weise, wie der Markendruck selbst; d.h. wenn ein Fälscher versucht, das Markenbild von einem Markenbogen auf Stein zu übertragen, so überträgt er zugleich daß unsichtbare Harz, wodurch die ganze Arbeit für den beabsichtigten Zweck unbenutzbar wird. Die Versuchsergebnisse sind in den Anlagen dargestellt. Diese Wirkung kann erreicht werden, wenn man der jetzt benutzten Lösung für den unsichtbaren Unterdruck (aus Phenolphtalein - Anmerk. D. Verf.) eine geeignete Harzlösung zusetzt. Doch stellen sich der Einführung dieses einfachen Verfahrens dadurch Schwierigkeiten in den Weg, daß die bisherigen Kautschuk-Unterdruckwalzen hierzu nicht geeignet sind.“ (RD 25.8.1893)

Nach längerer Zeit wird unter dem 20.8.1897 von der Reichsdruckerei ein abschließender Bericht vorgelegt: es „wurde angenommmen, daß es gelingen würde die Marken durch einen unsichtbaren Unterdruck mittels einer Harzlösung gegen die übertragung der Zeichnung im Wege des Steindrucks zu schützen. Diese Erwartung hat sich nicht erfüllt. Die Kautschuk-Unterdruckwalzen, welche zur Herstellung des unsichtbaren Phenolphtalein-Unterdrucks dienen, der die Erkennung der Echtheit der Marken in leichter Weise ermöglicht, sind für diesen zweiten unsichtbaren Unterdruck nicht verwendbar, weil sie von der Harzlösung angegriffen werden.“

Für die Herstellung der mit Schreiben vom 25.8.1893 vorgelegten ersten Versuchsergebnisse werden vermutlich bereits 1892 aus der laufenden Produktion ungezähnte Bogen des 3 und 10 Pfg-Wertes entnommen. Der unfertige Zustand dürfte mit Absicht gewählt sein, da eine vorhandene Zähnung die Harzlösung auf die Unterlage weitergeben und somit zu einer unsauberen Verarbeitung führen würde.
Der genaue Ablauf der Versuche ist nicht bekannt, vermutlich bleiben - in Analogie zu den Einheiten mit und ohne sichtbaren Unterdruck - die unteren Bogenhälften ohne unsichtbaren Unterdruck. Dies wäre zumindest eine Erklärung für die ungezähnten Stücke der genannten Wertstufen (U II b bzw. U II), von denen keine Unterrandstücke bekannt sind. Dazu heißt es in (45, S.20): „Die drei oder vier oberen Halbbogen zu 10x5 Marken sowie ein Bogenteil des 3 Pf-Wertes zu 10x4 Marken sollen aus den Akten stammen die vermutlich auf nichtamtlichem Wege in 1893 in den Handel gelangten.”

Diese mit einer Harzlösung erzielte künstliche Wasserzeichen wird aufgrund seiner verschlungenen Form in der Literatur als Arabesken-Wasserzeichen (Abb.) bezeichnet. Es ist im Benzinbad im Gegensatz zu einem natürlichen Wasserzeichen eigentlich nicht erkennbar. Auch in der Auf- bzw. Durchsicht ist es mitunter nicht mehr ohne weiteres oder nur noch in Resten erkennbar, was darauf hindeutet, dass sich die Harzlösung über die Jahre verliert.